Wenn der Hahn kräht - Predigt zum Jugendgottesdienst am Gründonnerstag

am Gründonnerstag, dem 5.4.2012 in Stetten a.H.

 

Wenn der Hahn kräht … das ist heute unser Thema.

Ein Thema, das direkt in diese Nacht gehört, die wir heute begehen.

Ein Thema, das die ganze Dramatik dieses Abends und dieser Nacht ausmacht. Wir haben das eben im Anspiel gesehen und gehört.

Es gehört zum Abendmahl, das Jesus mit seinen Jüngern am Abend feiert, bevor er stirbt.

 

Und dann passiert all das, was uns das Anspiel erzählt hat an der Person des Petrus. Sie haben im Garten geschlafen. Der Petrus schlug einem das Ohr ab, als sie Jesus gefangen nahmen. Sie sind alle abgehauen, nur der Petrus ging Jesus hinterher. Und dann hat er ihn verleugnet. Und dann kräht der Hahn.

 

Wenn der Hahn kräht … Von der Ankündigung der Verleugnung bis zum Krähen schließt dieser Satz die Ereignisse dieser Nacht aus Sicht des Petrus zusammen. Und dem will ich in vier Gedanken nachdenken.

 

1. Wenn der Hahn kräht … ist es passiert.

Petrus wird Jesus verleugnen. Das kündigt er beim Abendmahl an. Und dann ist es tatsächlich passiert. Was keiner für möglich gehalten hätte. Und der Hahn kräht und Petrus merkt das und weint bitterlich.

Ein total menschliches Geschehen, das ein dunkles Licht auf unser menschliches Denken und Handeln wirft, aber ein großartiges und helles Licht auf Jesus. Das fängt für mich schon beim Abendmahl an.

Überlegen Sie mal: Wer war denn alles beim Abendmahl dabei?

Seine 12 Jünger.

Und sie streiten, wer der Größte ist.

Einer von Euch wird mich verraten.

Petrus wird dreimal leugnen, mich zu kennen.

Und trotzdem sagt Jesus zu ihnen allen: Dies ist mein Leib, der für euch gegeben wird. Dies ist mein Blut, das für euch vergossen wird. Auch für den Judas, auch für die Streithähne, auch für den Petrus.

So sehr das Jesus auch schmerzt, dass er verraten und verleugnet wird, er schickt die Verräter und Versager nicht raus aus dem Abendmahlssaal. Er feiert auch mit ihnen das Abendmahl.

Ich finde das wunderbar. Sie sind alle dabei. Judas geht erst nach der Feier weg, um Jesus zu verraten. Jesus weiß, was ihm Petrus antun wird, und er lässt ihn trotzdem dabei.

Ja vielleicht gerade deshalb. Wenn Menschen keine Schuld hätten, hätte er nicht sterben müssen. Wenn wir Menschen unsere Schuld selber tragen könnten, dann hätte er nicht sterben müssen. Wenn der Petrus selber damit klar gekommen wäre, dann hätte er ihn tatsächlich nicht dabei haben brauchen.

Aber Petrus ist nicht selber damit klar gekommen. Er weinte bitterlich.

Das ist das Abendmahl. Jesus weiß, wer ihn verrät und verleugnet, er lässt sie trotzdem an seinen Tisch kommen und verheißt auch ihnen: Das ist mein Leib, das ist mein Blut.

Ich bin kein Judas und kein Petrus. Aber im Großen und Kleinen kommt das auch bei uns vor, dass wir Jesus verraten oder verleugnen. In uns selbst. Wenn ich manchmal weiß, eigentlich sollte ich dieses oder jenes tun und ich tus nicht. Eigentlich sollte ich mir Zeit zur Stille nehmen und ich tu’ nicht, weil etwas anderes mir wichtiger erscheint.

Oder auch anderen gegenüber.

Wenn es Leute gibt, mit denen ich nichts zu tun haben will. Die ich als Christ aber als meinen Nächsten lieben soll. Und was ihr meinen geringsten Brüdern und Schwestern nicht getan habt, habt ihr auch mir nicht getan, sagt Jesus.

Im großen und Kleinen in uns und um uns herum kommt das vor, dass wir Jesus verraten dun verleugnen. Jesus weiß das und lädt uns trotzdem ein zum Abendmahl. Oder vielleicht auch gerade deshalb. Gerade deshalb, weil er um seine Jünger und uns weiß, lädt er sie ein. Wo sollten sie sonst Vergebung bekommen und einen Neuanfang starten können.

 

2. Wenn der Hahn kräht hat Jesus recht gehabt.

Doch zunächst schient das den Petrus nicht zu beeindrucken. Er ist sich seiner Sache sicher: Mir wird das nicht passieren. Ich bin doch recht wie ich bin. Ich stehe zu Jesus und mir kann das nicht passieren. Und es passiert doch. Es war gedankenlos, als Petrus Jesus verleugnete. Es war Angst um seine eigene Haut. Es war die Bedrängnis in der er stand allein so vielen anderen gegenüber. Was hätte er tun sollen? Und schließlich: Jesus hat es gewusst, also war es so vorherbestimmt, oder?

Es gibt viele Argumente, die das Verhalten des Petrus erklären können, es gibt aber nichts, was ihn entschuldigen könnte. Beides darf man nicht miteinander vermengen.

Das passiert heute leider zu oft. Ich habe keine Schuld. Es waren die Umstände, es war die besondere Situation, ich konnte nicht anders, es war Pech, es waren die anderen und so weiter.

Wenn einer zu viel Alkohol getrunken hat und dann was anstellt. Verminderte Schuldfähigkeit heißt das im Rechtsdeutsch.

Wenn ein Mensch straffällig wird, dann wird die Herkunft beleuchtet, die Bildung, die Notlage. Und was Verteidiger alles anführen, um die Strafe zu mildern.

Wenn Politiker Mist bauen oder eine Firma in Insolvenz gerät, dann sind es immer die anderen, die Fehler gemacht haben, nie einer selber. Und wenn einer abtritt, dann kassiert er noch große Abfindungen. Aber Schuld eingestehen können nur ganz wenige.

Bei Petrus ist es der Hahn, der alles ins rechte Licht rückt. Als er kräht erkennt der Petrus seine Schuld und er weint bitterlich. Er gesteht sich seine Schuld ein. Wie hilfreich und heilsam das ist, erkennen wir erst einige Tage später.

Aber es ist richtig und wichtig, auf die Zeichen zu achten und auf Gottes Wort. Gott sagt uns zu, dass wir Sünder sind. Menschen heutzutage wollen das gern abschwächen und kritisieren das am christlichen Glauben. Wir wären zu negativ und würden das Gute im Menschen nicht würdigen.

Aber hätte das dem Petrus geholfen? Er war ein guter Kerl. Immerhin war er der einzige, der Jesus hinterher gegangen ist, der sich in Gefahr gebracht hat und der in der Höhle des Löwen war. Jesus hat ihn gesehen. Toll. Immerhin.

Aber schmälert das seine Schuld bei der Verleugnung?

Als der Hahn kräht, erkennt er, dass Jesus Recht hatte. Er hat ihn verleugnet, wie Jesus das sagte. Und er weint, weil er seine Schuld erkennt.

 

3. Wenn der Hahn kräht, beginnt ein neuer Tag.

Ich möchte unseren Blick jetzt ein bisschen von dieser Geschichte weglenken, um eine neue Sicht der Dinge auf diese Geschichte und den Hahn zu bekommen.

Wenn der Hahn kräht beginnt ein neuer Tag. Der Hahn ist der erste, der sich meldet, wenn die Morgendämmerung ansetzt. Ich kenn mich nicht aus, ich weiß nicht warum, aber ich weiß, dass. Und das haben die Menschen schon zu früheren Zeiten gewusst und ausgenutzt. Der Hahn weckt den Bauernhof und kündigt einen neuen Tag an.

Der Hahn war bei den Römern Diener des Sonnengottes Sol als Symbol für die Sonne, die morgens aufgeht.

Und dann sehen wir, dass die Christen den Hahn auch als Symbol kennen. Wo sehen wir ihn?

Hahn auf dem Kirchturm

Nachdem, was wir jetzt über den Petrus und seine Geschichte gehört haben könnte man sagen: o.k. der Hahn ermahnt uns: Ihr seid Sünder. Denkt immer daran. Und wie der Hahn sich im Wind dreht so hat sich der Petrus im Wind gedreht und gerade so verhalten wie ihm das passt. Ich macht das bitte nicht so.

Der Hahn als Wächter über die Schuld der Leute. Sicher mahnt er zur Wachsamkeit. Aber ich denke, er hat eine andere Funktion, die viel wichtiger ist.

Mit dem Hahnenschrei in unserer Geschichte wird es hell. Die Nacht ist vorbei. Die Nacht in der der Petrus schuldig wurde. Jetzt beginnt der tag. Der Tag, an dem Jesus für ihn und für uns alle ans kreuz ging. Der Hahn kündigt das Licht des Karfreitags an.

Und damit kündigt er an, was wir wissen, aber Petrus noch nicht wusste: Jesus erlöst uns. Es wird hell. Nicht nur am Tag. Sondern auch in unseren Herzen und in unserer Seele. Jesus ist das Licht der Welt und keine Finsternis von Sünde und Schuld kann uns von ihm trennen.

Wenn der Hahn kräht beginnt ein neuer tag, der Tag der Erlösung.

Und ich bin mir sicher 48 Stunden später hat auch ein Hahn gekräht. 48 Stunden später früh am morgen ist auch ein neuer Tag angebrochen. Auch ein ganz besonderer Tag.

Der Ostertag. Der Hahn, der bei uns auf den Kirchtürmen zu sehen ist, ist der Osterhahn, der früh am Ostermorgen den tag ansagt, an dem Jesus von den Toten auferstanden ist, um uns neues Leben zu schenken.

Und ich bin mir sicher: Das Ziel der Geschichte von Abendmahl über diese ganzen Looserszenen von Petrus ist nicht die Verleugnung und das Krähen des Hahns. Das Ziel ist der Ostermorgen und alles andere, was danach kommt.

Im Johannesevangelium wird uns eine Geschichte erzählt am See Genezareth. Einige Jünger waren Fischen. Was hätten sie anders tun sollen. Da kam Jesus ans Ufer. Als Petrus merkt, dass es Jesu ist, schmeißt er sich ins Wasser und schwimmt zu ihm. Jesus lädt ihn und die anderen zum Essen ein: Kommt und haltet das Mahl. Und dann reden die beiden: Hast du mich lieb, fragt Jesus den Petrus. Bis Petrus eingesteht: Herr, du weißt alle Dinge, du weißt dass ich dich lieb habe.

Herr du weißt alle Dinge. Auch über uns weiß er alles. Und er lädt uns trotzdem zum Abendmahl ein und er ist trotzdem für uns gestorben und wir dürfen trotzdem froh in der Gemeinschaft mit ihm leben. Und verschleiern, verstecken, verdrängen brauchen wir gar nichts im Gegenteil. Die Tränen des Petrus, als er den Hahn hört, die sind seine Befreiung. Weil er sich seine Schuld so eingesteht, dass Jesus sie ihm später dann vergeben kann.

 

4. Wenn der Hahn kräht auf dem Mist, ändert sich’s Wetter oder es bleibt wie es ist.

Als Wettervorhersage taugt der Hahn nichts. Dummes Geschwätz.

Als Sündenanzeiger taugt er auch nichts. Wenn wir einen Hahn krähen hören, brauchen wir kein schlechtes Gewissen bekommen. Aber wir können uns daran erinnern, dass mit dem neuen Tag ein neuer Tag der Güte Gottes beginnt. Und das ist kein dummes Geschwätz, das ist die beste Nachricht an jedem Morgen.

Und wenn du für dich denkst: Ach, nach mir kräht eh kein Hahn, mich beachtet niemand. Dann hör hin, wenn die Hähne krähen und lass dir sagen: Du bist Jesus so wichtig, dass er auch für dich sein Leben gelassen hat.